Stellen Sie sich vor, Sie leben in einem System, in dem Sie ein Auto kaufen müssen. Die Karosserie, der Innenraum und der Motor des Fahrzeugs wurden von einem Monopolanbieter vorab ausgewählt, welcher auch den Preis festlegt. Es findet keine Verhandlung statt. Sie müssen ihren Preis bezahlen. Wenn Ihnen das nun seltsam erscheint, ersetzen Sie einfach die Wörter „Verkäufer“ durch „Regierung“ und „Käufer“ durch „Bürger“.
Sie leben in einem solchen System.
Als steuerpflichtiger Bürger müssen Sie ineffiziente Technologien, Fernsehkanäle, Professoren für Genderstudien und Militäreinsätze im Ausland subventionieren. Wenn Sie diese aus Gewissensgründen ablehnen möchten, haben Sie Pech. In der Tat sind Sie auch gezwungen, eine Renten-, eine Kranken- und eine Altenpflegeversicherung mit vordefinierten Bedingungen abzuschließen – ob Sie zustimmen oder nicht. Sie müssen auch die Krankenversicherung anderer finanzieren – auch derjenigen, denen es finanziell besser geht.
Mit anderen Worten, Sie sind kein Kunde. Sie sind ein Objekt.
Diese Auferlegung wird Ihnen im Rahmen eines angeblichen „Gesellschaftsvertrages“ verkauft. Dieser Vertrag soll zwischen den Bürgern und dem Staat bestehen. In einigen Versionen sollen die Bürger untereinander zu einer solchen Einigung gelangt sein, indem sie einen Teil ihrer Souveränität an den Staat abtreten, angeblich als Gegenleistung für ein größeres Allgemeinwohl. Die Einzelheiten, wie eine solche Einigung erzielt wird, sind für die Beklatscher des Gesellschaftsvertrags nicht so wichtig. Im besten Fall handelt es sich jedoch um ein theoretisches Konstrukt. Im schlimmsten Fall ist es eine verlogene Metapher.
Nach Tradition des Zivilrechts in der Mehrheit des Westens ist es zunächst fraglich, ein solches Konstrukt als Vertrag zu betrachten. Ein rechtlicher Vertrag erfordert einvernehmliche Vereinbarung und Klarheit über die zu erbringenden Leistungen. Wenn es an Gewissheit bezüglich Leistungserbringung und Entlohnung mangelt, kommt ein Vertrag nicht zustande. Darüber hinaus ist ein Vertrag nicht bindend, wenn eine der Parteien einem der wesentlichen Punkte nicht zustimmt. In der Tat gibt es keine verbindliche Vereinbarung, wenn nur eine Partei einer einzigen vertraglichen Regelung subjektiv widerspricht. All diese Probleme sprechen gegen die Existenz eines abstrakten Gesellschaftsvertrages.
Da all diese Einwände nicht abschließend ausgeräumt werden können, fordern die Sozialvertragspartner in der Regel, dass die physische Anwesenheit des Bürgers in einem bestimmten Staat seine implizite Zustimmung zur geltenden Gesellschaftsordnung darstellt. Es ist fast so, als würde man sagen, dass ein Sklave, der nicht täglich versucht zu fliehen, implizit seiner Sklaverei zugestimmt hat. In der Tat findet in einem solchen Fall ein perverser Kompromiss statt. Der Sklave fragt sich, wohin er gehen könnte und ob es zu riskant ist, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Der Bürger muss sein Haus, seinen Job, seine angestammte Heimat verlassen – und er muss möglicherweise sogar seine Familie verlassen. Daher kann die Entscheidung in beiden Fällen darin bestehen, im jeweiligen System zu bleiben. Aber eigentlich wählt er nur das kleinere Übel. Es besteht keine wirkliche Übereinstimmung hier.
Daher kann der allgemeine Grundsatz, dass die Interaktion des Menschen auf freiwilliger Basis und nicht unter Androhung von Schädigung erfolgen sollte, von den heutigen Staaten nicht garantiert werden. Stattdessen werden Staaten auf Basis der Verletzung eben genau diesen Grundsatzes errichtet.
Ein System, das per Gesetz Enteignungen zugunsten Dritter vornimmt, kann weder eine friedliche noch eine vorhersehbare Zusammenarbeit dauerhaft gewährleisten. Stattdessen werden endlose Konflikte, Ressentiments und soziale Unruhen gefördert. Solche Gesellschaften haben keine Zukunft. Sie sind “Ancien Régimes”.
Die neue Heimat des 21. Jahrhunderts wird eine Wahlheimat sein. Den Menschen wird bereits eine Auswahl an unzähligen Gütern angeboten, sie können unter einer Vielzahl von Regelungen in vielen verschiedenen Lebensbereichen wählen. Täglich kommen neue technische Produkte auf den Markt. Warum sollte es im Bereich des menschlichen Zusammenlebens anders sein? In der Tat, wer würde sich dafür entscheiden, ein durch Zwang befeuertes System aufrechtzuerhalten, das nicht nur teuer ist, sondern auch insgesamt schlecht funktioniert?
Stellen Sie sich nun im Gegensatz dazu vor, dass ein privates Unternehmen Ihnen in einem bestimmten Bereich gemeinnützige Dienste anbietet, wie zum Beispiel den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum. Diese Leistung umfasst Polizei, eine Feuerwehr, Rettungsdienste, einen rechtlichen Rahmen und eine unabhängige Justiz. Ihre jeweiligen Rechte und Pflichten sind in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Anbieter festgelegt, die Sie nur akzeptieren, wenn und solange Sie das Angebot mögen. Sie zahlen für diese Leistungen einen vertraglich festgelegten Betrag pro Jahr. Die Dienstleistungsagentur als Verwalter der Community darf den Vertrag zu keinem Zeitpunkt einseitig ändern. Sie haben ein gesetzliches Recht, die Einhaltung der Vereinbarung zu verlangen, und Sie können Schadensersatz wegen fehlerhafter Leistung verlangen. Sie sind eine gleichberechtigte Vertragspartei mit einer gesicherten Rechtsposition, anstatt den sich ständig ändernden Launen der Politik zu unterliegen.
Die ersten Unternehmen, die solche freien Privatstädte betreiben wollen, wurden in den letzten Jahren gegründet. Mehrere Projekte werden bereits verhandelt. Die Lösung der heutigen politischen Probleme könnte daher aus einem völlig unerwarteten Blickwinkel kommen: Gewinnorientierte Unternehmern. Wenn Ihnen das verrückt vorkommt, denken Sie einfach an das Betriebssystem, auf welchem das Gerät läuft, das Ihnen diesen Beitrag anzeigt. Wenn Sie mit seiner Funktionsweise unzufrieden wären, würden Sie sich nicht für einen Mitbewerber entscheiden?
Dieser Beitrag ist eine gekürzte Version von Titus Gebels Artikel mit dem Titel „Towards a Real Social Contract“, der von Students for Liberty veröffentlicht wurde. Das Original können Sie hier lesen: https://www.libertycon.com/blog/towards-a-real-social-contract/